
Trump: Selenskyjs Haltung zur Krim "sehr schädlich für Friedensverhandlungen"

Im Bemühen um eine Beendigung des Ukraine-Kriegs haben die USA den Druck auf die Ukraine erhöht, auf die Rückgabe einiger von Russland besetzter Gebiete zu verzichten. Die Weigerung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die von Russland annektierte Halbinsel Krim abzutreten, sei "sehr schädlich für die Friedensverhandlungen" mit Moskau, schrieb US-Präsident Donald Trump am Mittwoch in seinem Onlinedienst Truth Social. US-Vizepräsident JD Vance brachte ein Einfrieren der aktuellen Grenzlinien im Ukraine-Krieg ins Gespräch.
Eine Einigung über eine Waffenruhe stehe "kurz bevor", schrieb Trump. Selenskyjs Weigerung bezüglich der Krim werde die Kämpfe nur in die Länge ziehen, fügte er hinzu. Der US-Präsident bezog sich dabei auf eine Äußerung Selenskyjs in der US-Zeitung "Wall Street Journal", in der dieser betonte, dass die von Washington ins Spiel gebrachte Abtretung der Schwarzmeer-Halbinsel an Moskau gegen die ukrainische Verfassung verstoßen würde. "Die Ukraine wird die Besetzung der Krim rechtlich nicht anerkennen. Hier gibt es keine Diskussion", erklärte Selenskyj.
"Es sind aufwieglerische Äußerungen wie die von Selenskyj, die eine Beendigung dieses Krieges so schwierig machen", kritisierte Trump. Der ukrainische Präsident habe "keine Karten" mehr in der Hand. Selensykj könne "Frieden haben oder er kann noch drei Jahre weiter kämpfen und das ganze Land verlieren", schrieb Trump weiter. Die Krim sei seit Jahren verloren, die Wiedererlangung durch die Ukraine werde "nicht einmal mehr diskutiert". Die ukrainische Halbinsel Krim war bereits 2014, acht Jahre vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, völkerrechtswidrig von Russland annektiert worden.
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt erklärte: "Der Präsident ist sehr unzufrieden. Seine Geduld ist am Ende". Trump wolle Frieden, aber es müssten "beide Konfliktparteien dazu bereit sein". Sie warf Selenskyj vor, "den falschen Weg einzuschlagen". Er verhandele "über die Medien", was "inakzeptabel" sei.
US-Vizepräsident Vance hatte zuvor bei einem Besuch in Indien den Druck auf die Konfliktparteien erhöht. Die USA strebten eine Einigung an, bei der die "territorialen Linien in etwa auf dem heutigen Stand" eingefroren würden. Dies bedeute, dass "sowohl die Ukrainer als auch die Russen einen Teil des derzeit von ihnen gehaltenen Territoriums aufgeben müssen". Es werde zum Austausch von Gebieten kommen müssen.
Die US-Regierung habe sowohl Kiew als auch Moskau einen "sehr expliziten Vorschlag vorgelegt". Entweder die Konfliktparteien würden dem zustimmen, "oder es ist Zeit für die Vereinigten Staaten, sich aus dem Prozess zu verabschieden", sagte Vance weiter. In den vergangenen Tagen hatten auch Trump und US-Außenminister Marco Rubio mit einem Rückzug gedroht.
Welche Gebiete Russland an die Ukraine abtreten sollte - ob seine eigenen oder Teile der im Zuge des Krieges besetzten ukrainischen Gebiete - sagte Vance nicht. Würden die Grenzen wie von ihm vorgeschlagen auf dem derzeitigen Stand eingefroren, würde die Ukraine große Teile ihres Staatsgebietes verlieren.
Kremlsprecher Dmitri Peskow begrüßte die anhaltenden "Vermittlungsversuche" der USA. Zuvor hatte die "Financial Times" berichtet, dass Putin eine Kampfpause an der derzeitigen Frontlinie angeboten habe - die USA müssten dafür die russische Kontrolle der Krim akzeptieren und sicherstellen, dass die Ukraine nicht in die Nato eintrete. Der Kreml sprach daraufhin von "Falschinformationen", die im Umlauf seien.
Selenskyj unterstrich als Reaktion auf den Bericht seine Forderung nach einer "sofortigen, vollständigen und bedingungslosen Waffenruhe". Vorher könnten keine Friedensverhandlungen begonnen werden.
Aus Paris und London folgten nach den Aussagen des US-Vizepräsidenten reservierte Reaktionen. Das Präsidialamt in Paris erklärte, ein Waffenruhe-Abkommen müsse die "territoriale Integrität" der Ukraine beinhalten. Dies sei eine Bedingung für europäische Länder. Die britische Regierung teilte mit, "am Ende muss die Ukraine über ihre Zukunft entscheiden".
In London fanden am Mittwoch Gespräche zwischen der Ukraine, den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland über eine mögliche Waffenruhe statt. Anders als in der vergangenen Woche in Paris und anders als zunächst angekündigt, war es kein Treffen auf Ebene der Außenminister. Dieses wurde nach Angaben aus London verschoben. Zuvor war bekannt geworden, dass Rubio nicht nach London reisen würde.
Stattdessen trafen sich Berater wie der Ukraine-Gesandte der USA, Keith Kellog, der diplomatische Berater Macrons, Emmanuel Bonne, und der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak in London. Aus Deutschland waren der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundesregierung, Jens Plötner, und der Politische Direktor im Auswärtigen Amt, Günter Sautter, angereist.
Unterdessen setzte Russland seine Angriffe auf Ziele in der Ukraine fort. Bei einem russischen Drohnenangriff auf einen Bus mit Mitarbeitern eines Unternehmens in der zentralukrainischen Stadt Marhanez in der Region Dnipropetrowsk wurden am Morgen mindestens neun Menschen getötet worden, wie der Regionalgouverneur Serhij Lysak im Onlinedienst Telegram mitteilte. Mindestens 30 weitere Menschen wurden demnach verletzt.
N.Wilson--SFF